Aus dem Besitz Albrecht Dürers an seinen Bruder Endres Dürer übergegangen; über die Witwe des Bruders in die Sammlung Willibald Imhoff gelangt; 1573 im Kunst- und 1580 im Nachlassinventar desselben verzeichnet; zwischen 1588 und 1628 vom Mutterbildnis (Ausst.Kat. Frühe Dürer 2012, Kat. 7) getrennt; 1588 Kaiser Rudolf II. zum Kauf angeboten und vermutlich von diesem erworben; Filippo Baldinucci sieht das Porträt 1675 in den Räumlichkeiten des verstorbenen Kardinals Leopoldo de’ Medici; anschließend in der Villa di Poggio Imperiale in Florenz nachweisbar; seit 1773 in der Galleria degli Uffizi.
Das Tafelbild zeigt das nach links gewandte Brustbildnis von Dürers Vater, Albrecht Dürer d.Ä., vor grünem Hintergrund. Er trägt einen braunen Mantel, eine schwarze Mütze und hält einen Rosenkranz in den Händen.
Die Tafelrückseite ziert Allianzwappen von Albrecht Dürer d.Ä. und seiner Ehefrau Barbara Holper über wolkig braun-schwarzem Grund. Zwischen dem Wappen und der Jahrzahl 1490 ist schwach die mit den Inventaren der Sammlung des Willibald Imhoff 1573, 1580 und 1588 übereinstimmende Zahl „19“ zu erkennen.
Die Pendantbildnisse der Eltern Dürers in Nürnberg und Florenz sind die frühesten erhaltenen Gemälde des Künstlers. Er fertigte sie in den ersten Monaten des Jahres 1490, kurz nach Abschluss seiner Lehre bei Michael Wolgemut und noch vor dem Aufbruch zur Gesellenreise an. Als Familiendokumente und Erinnerungsstücke sind sie Teil der Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft und Geschichte. Auf Grund ihres beachtlich großen Formats sind die Elternbildnisse auch Ausweis und Demonstration von Dürers Fähigkeiten als Bildnismaler nach dem Abschluss seiner Lehre bei Wolgemut
Dürers Vater gehörte als Handwerker zwar prinzipiell nicht zu der gehobenen Schicht jener Bürger, die sich porträtieren ließen. Als erfolgreicher Goldschmied, der sogar Kaiser Friedrich III. zu seinen Auftraggebern zählte, genoss er jedoch hohes Ansehen (vgl. weiter Eser 2008). Erhaltene Bildnisse von Goldschmieden aus dem letzten Drittel des 15. Jahrhunderts belegen, dass sich das Porträtieren bedeutender Handwerksmeister in dieser Zeit etablierte (vgl. z.B. Suckale 2009, Bd. 1, S. 405–410, Ausst.Kat. Wien/München 2011, Nr. 144, S. 228–229, ferner Belting/Kruse 1994, S. 50)
Die erneute kunsttechnologische Untersuchung der beiden Bildnisse im Rahmen des Nürnberger Forschungsprojekts 2012 bestätigte die von Lotte Brand Philip 1978/1979 erstmals erkannte Zusammengehörigkeit der Tafeln. Die Infrarotreflektografie-Untersuchung des Vaterbildnisses förderte außerdem einen aufregenden neuen Befund zu Tage: Unter der grünen Malschicht des Hintergrundes konnte die Entwurfszeichnung eines Raumes mit Rundbogenfenster und Landschaftsausblick sichtbar gemacht werden (zu Herkunft und Verbreitung dieses neuen niederländischen Bildnistypus in der fränkischen Malerei vgl. Hirschfelder in Ausst. Kat. Nürnberg 2012, S. 271). Diese Idee verwarf Dürer jedoch zugunsten einer einfarbig grünen Hintergrundfläche. Aus der Konzeptionsänderung ist zu schließen, dass er den Vater, anders als bisher angenommen, zuerst malte. Das mütterliche Pendant, welches keine Unterzeichnung im Hintergrund erkennen lässt, führte er erst im Anschluss aus und richtete sich dabei nach dem vollendeten Vaterbildnis.
Vorderseite: mit bleizinngelber Farbe "1490", darunter das Dürermonogramm "AD" - Nachträglich von Dürer? (Anzelewsky 1991, s. 132) Rückseite: mit gelber Farbe unterhalb des Wappens: "1490" (mit gotischer 4)
Allianzwappen der Familien Dürer und Holper auf der Tafelrückseite:
Albrecht Dürer, Barbara Dürer, geb. Holper (recto) / Felslandschaft mit Drache (verso), Nürnberg Germanisches Nationalmuseum, Inv.Nr. Gm 1160
Öl(?)-Malerei auf Nadelholz (zu Dürers Bindemitteln vgl. z.B.: Kat. München S.42/43) Tafelmaß (HxBxT): ca: 47,5 x 39,5 x 0,5 cm Bemalte Fläche: ca: 46,5 x 38,5 cm
Rückseite: In brauner Farbe: „N 19“ Imhoffsche Inventarnummer der Jahre 1573, 1580. wohl 1573, spätestens 1588 angebracht (Brand Philipp 1981, S. 10)
November 1997: Muriel Vervat, Florenz (Relazione sullo stato di conservazione / Relazione sul restauro del „Ritratto del padre” di Albrecht Dürer (Inv. 1890 n° 1086) Galleria degli Uffizi - Firence
Aktiver Schädlingsbefall des Schmuckrahmens, spannungsreiche Überzüge.
Behandlung gegen Schädlingsbefall an Bild und Rahmen, Firnisabnahme, Abnahme von Retuschen, Kittung, Retusche, Schlussfirnis
Die Gemäldetafel wurde aus zwei annähernd gleich breiten, stumpf verleimten Brettern vertikal gefügt. Holzanatomische Bestimmungen oder dendrochronologische Untersuchungen liegen bislang nicht vor. Augenscheinlich handelt es sich bei beiden Brettern um Nadelholz. (Vgl. Bildnis der Mutter: Laut dem Bericht über die dendrochronologische Untersuchung von Peter Klein, (Ordinariat für Holzbiologie, Universität Hamburg) vom 24.03.2000 handelt es sich beim Träger des Bildnis der Barbara Dürer um zwei Tannenholzbretter desselben Baumes. Der jüngste Kernholzjahrring stammt aus dem Jahr 1481. Laut Klein ist eine Entstehung des Gemäldes der Mutter bei einer minimalen Lagerzeit des Holzes von 2 Jahren ab 1483 denkbar, für wahrscheinlicher hält er aber eine übliche Lagerzeit von 10 Jahren und vermutet deshalb eine Entstehung des Gemäldes ab 1491.) Auf der Rückseite weisen Risse (im Bereich der Helmdecke, re. oben) auf eine rechteckige Holzintarsie, im Röntgenbild ist sie nur schwach zu sehen.
Inwieweit Dürer die Tafeln seiner frühesten Gemälde selbst gefertigt hat oder ob er sie vom Schreiner, oder – wie das für spätere Werke aus dem Briefwechsel zum Heller-Altar überliefert ist - vom „Zubereiter“ bereits fertig grundiert übernahm, bleibt offen. Die Bildträger der Elternbildnisse Dürers sind wie der Karlsruher Schmerzensmann flächig bis zum Falzrand mit feiner, locker gewebter Leinwand bedeckt. (ca. 14 Fäden/cm). Die Röntgenaufnahme des Mutterbildnisses macht deutlich, dass dabei ein gebrauchtes, bereits abgenutztes Gewebe zum Einsatz kam. (Vgl. Röntgenaufnahme: Riss bzw. Anstückung in der rechten oberen Ecke, zahlreiche Gewebeverletzungen vor allem im unteren Viertel der Darstellung über den Händen/vor der Brust. Die Röntgenaufnahme des Vaters zeigt ähnliche Befunde, wenngleich in schwächerer Ausprägung)
Die Tafel wurde auf der Porträtseite weiß grundiert, Grundiergrate und Falzränder sind allseitig erhalten (recto ca. 5 mm, verso ca. 3 mm breit). Auf der Rückseite sind zwar leichte Grundiergrate und Grundierungsreste am Falzrand zu erkennen, die Fläche erscheint dennoch kaum schichtbildend grundiert.
Die von Bartl anhand der ihr vorliegenden Infrarotaufnahmen (vom Bildschirm abfotografierte Details der Untersuchung durch PanArt, Florenz laut Bartl mit Hamamatsu-Vidicon, Typ N2606.06) konstatierten grundsätzlichen Unterschiede in der Unterzeichnung zum Bildnis der Mutter in Nürnberg konnten bei den Neuaufnahmen im Rahmen des Nürnberger Forschungsprojekts 2011 mit dem OSIRIS-Aufnahmesystem nicht bestätigt werden. (Auch beim Vaterbildnis finden sich Liniensysteme, die nach ihrer jeweiligen Funktion innerhalb des Gemäldes unterschieden werden können. So werden im Gesicht Modellierungen ebenfalls durch sehr feine präzise gesetzte, sich teilweise kreuzende Schraffuren angelegt (besonders deutlich: Verschattung unter der Nasenspitze) während in anderen Partien breite lockere Schraffuren eingesetzt wurden (Vgl. Im Bereich der Hände: Schraffuren mit auffällig dünnem Auf- und breitem Abstrich). Auffällig verstärkt erscheinen Konturlinien, die das Gesicht vom Hintergrund abheben. Die Unterzeichnung lässt außerdem wesentliche Konzeptänderungen zum Vorschein treten. (Vgl. oben: Forschungsgeschichte/Diskussion)
Der Farbauftrag des männlichen Inkarnats erscheint transparenter als der des kompakter wirkenden des Mutterbildnisses (Vgl. z.B. die Mundpartien). Obwohl (z.B. im Bereich der Hände des Vaterbildnisses) bräunliche Überzüge/Lasuren vereinheitlichend wirken, können auch hier Modellierungen durch gestrichelte Höhungen und Verschattungen beobachtet werden. Auffällig ist der pastose Farbauftrag einiger Details, der eingesetzt wird um z.B. Falten oder Adern im Bereich der Augen plastisch hervorzuheben.
Das Wappen auf der Rückseite wurde wohl auf die bereits gestaltete Fläche (eine Darstellung konnten wir nicht erkennen) aufgetragen und anschließend durch die Aufbringung des „schwarzen Fonds“ deutlicher abgesetzt.